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Der Hangwind

Häufig wird Otto Lilienthal als erster Segelflieger bezeichnet, eine Aussage, über die sicher längere Abhandlungen geschrieben werden könnten. Tatsächlich war er einer der ersten, der die Kräfte, die auf natürliche Weise in der Atmosphäre wirken, für seine Flüge ausnutzte. Dabei benutzte er den gegen seinen Übungshügel in Berlin anblasenden Wind, um seine Luftsprünge schließlich auf eine Länge von über 300 m auszudehnen. Es gelang ihm, kurzzeitig höher zu fliegen, als sein Startplatz gelegen war, was nach heutiger Definition den Segelflug vom Gleitflug unterscheidet.

Dieser Hangaufwind, der Lilienthals Flüge unterstützte, war die Energiequelle, die später die Segelflieger zuerst bewusst für sich ausnutzten. Dieser Aufwind ist in seiner Wirkungsweise auch am leichtesten zu verstehen. Ein Wind, der in der Ebene horizontal weht, wird durch ein Hindernis nach oben abgelenkt. Im aufsteigenden Teil des Luftstromes kann sich ein Segelflugzeug nach oben tragen lassen. Solche Aufwinde reichen mitunter doppelt so hoch wie das Hindernis.

Der Hangaufwind war lange Zeit die einzige bekannte Energiequelle für längere Flüge. Er ist auch die beständigste. Bis die Weltvereinigung der Sportflieger (FAI) keine Dauerrekorde für Segelflüge mehr anerkannte, wurden alle Dauerweltrekorde im Hangaufwind durchgeführt. Der längste anerkannte Rekordflug dauerte immerhin rund 56 Stunden, nicht ganz doppelt so lange, wie Charles Lindbergh für seinen Flug New York-Paris benötigte. Wohlgemerkt, allein in einem Einsitzer geflogen!

Leider hat der Hangaufwind einige wesentliche Nachteile. Erstens ist er nur in gebirgigen Gebieten anzutreffen, und zweitens ist die Höhe, die man mit ihm erreichen kann, sehr begrenzt. Er ist außerdem abhängig von Windrichtung und -geschwindigkeit. Längere Streckenflüge schienen damit nicht möglich zu sein, immerhin erreichte Robert Kronfeld in einem Ausnahmeflug 1929 über 100 Kilometer. Man befürchtete aber Ende der zwanziger Jahre, dass die Begeisterung für den Segelflug bald erlöschen würde, wenn nicht eine leistungsfähigere Energiequelle erschlossen werden konnte. Diese fand sich dann als die heute bekannte Thermik.

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