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Die Thermik

Seltsamerweise deutete zunächst niemand die Beobachtung, dass große Greif- oder Wasservögel oft stundenlang ohne Flügelschlag auch im Flachland kreisend in der Luft blieben, als Zeichen für eine andere, vom Hangwind unabhängige Energiequelle. So kam es, dass erste zufällige Flüge in solchen Aufwinden mangels einer besseren Erklärung unter der Bezeichnung „Schwachwindflüge“ bekannt wurden.

Diese Aufwinde, die Thermik genannt wird, entstehen, wenn die Sonne die Erde bestrahlt. Dabei wird die Erde, je nach Bewuchs und Beschaffenheit des Bodens unterschiedlich erwärmt. Der Boden gibt die aufgenommene Wärme an die über ihm liegende Luft ab, so dass Luftpakete wärmer werden als die sie umgebenden Luftmassen. Die wärmeren Luftpakete steigen auf und mit ihnen die Segelflugzeuge.

Eine extreme Folge von hochreichender, kräftiger Thermik ist das Gewitter, das entstehen kann, wenn die Luft auch gleichzeitig feucht ist. In den zwanziger Jahren geriet erstmals ein Segelflieger namens Max Kegel zufällig in eine Gewitterwolke und fand sich etwa 2000 m höher wieder, nachdem er eine Viertelstunde orientierungslos in ihr herumgewirbelt wurde. Diese Höhe nutzte er zu einem langen Gleitflug und landete rund fünfzig Kilometer von seinem Startplatz entfernt. Das brachte ihm den Spitznamen „Gewittermaxe“ ein. Fortan waren Gewitterflüge recht populär, boten sie doch die Aussicht auf längere Flüge außerhalb der Hangwindzone. Außerdem sind Gewitter einfach zu erkennen und konnten somit gezielt angeflogen werden. Wie sich jedoch bald durch eine Reihe tragischer Unfälle herausstellte, waren den Gewalten im Gewitter bei Aufwind- und Abwindstürmen von über hundert Stundenkilometern weder Flugzeuge noch Piloten gewachsen. Dies gilt auch heute noch, und kein vernünftiger Segelflieger fliegt freiwillig in ein Gewitter ein.

Die verwandte, aber im Vergleich zum Gewitter, harmlose Aufwindquelle Thermik blieb noch eine Weile unzugänglich, da zunächst sehr wenig Wissen existierte und ein Bordinstrument fehlte, das solche Aufwinde unmittelbar anzeigen kann. 1928 erfand Robert Kronfeld das sogenannte Variometer, indem er sich die Tatsache zunutze machte, dass sich die Luft in einem abgeschlossenen Gefäß ausdehnt, wenn das Flugzeug in die Höhe steigt und damit der Außendruck sinkt. Die Luftströmung aus diesem Gefäß heraus (Steigen) und wieder hinein (Sinken) wird mit einem empfindlichen Anzeigeinstrument sichtbar gemacht. Dadurch war es erstmals möglich, sofort festzustellen, ob man mit dem Flugzeug gerade stieg oder sank.

Die Segelflieger versuchen nun, durch enge Kreise möglichst im Zentrum dieser Aufwinde zu bleiben. Wenn das obere Ende des Aufwindes erreicht ist, fliegt man mit hoher Geschwindigkeit solange in Richtung der geplanten Strecke, bis die Höhe verbraucht ist. Diese sogenannte Steilkreistechnik wurde 1930 von Wolf Hirth während eines Aufenthaltes in den USA entwickelt. Als er, wieder in Deutschland, einmal nach langem Kreisen dennoch auf einem Acker landen musste, wurde er von einem verwunderten Zuschauer gefragt, ob sein Flugzeug auch geradeaus fliegen könne.

Danach nahm der thermische Segelflug einen ungeheuren Aufschwung, schon bald gelangen Flüge über mehrere hundert Kilometer. Heute ist der thermische Segelflug die wichtigste Variante, insbesondere wenn es um Langstreckenflüge geht. Im Jahre 1987 lag der Streckenweltrekord bei rund 1650 km (Ziel-Rück-Flug) und der Geschwindigkeitsrekord bei 158 km/h (Durchschnittsgeschwindigkeit über einer Distanz von 750 km).

In der Umgebung niedersächsischer Flugplätze ist die Thermik häufig die einzige Aufwindart, die nutzbar ist. Als gut gelten hier Wettersituationen, die Steiggeschwindigkeiten von 2-3 m/s und Steighöhen von mehr als 1200 m über Grund erlauben. An besonders guten Tagen werden auch schon mal 5 m/s und 2500 m erreicht. In anderen Gegenden der Welt können thermische Aufwinde auch bis zu 8 m/s und Steighöhen von 4000 m und mehr erbringen. Noch größere Steigwerte und Höhen erreicht man normalerweise nur noch mit einer anderen Aufwindart, dem Wellenaufwind.

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